Im Rahmen der 125. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft widmete sich die Sektion für Rechts- und Staatswissenschaft dem Thema "Zuwanderung und Zugehörigkeit – Entwicklungen im Migrations- und Staatsangehörigkeitsrecht". Nicht nur das Thema Migration ist international brandaktuell, auch das Staatsangehörigkeitsrecht ist in der Bundesrepublik Deutschland gerade im Umbruch. Da der Gesetzesentwurf mittlerweile vorliegt, konnte der Zeitpunkt kaum besser gewählt werden, um über dieses Thema in einem akademischen Kreis zu diskutieren. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das deutsche Recht den bisher teilweise noch aufrecht erhaltenen Grundsatz der Vermeidung von Doppelstaatsbürgerschaften nunmehr vollständig aufgibt und in Zukunft - wie die meisten anderen Staaten Europas - die Doppelstaatsbürgerschaft durchwegs zulässt.
Die Tagung der Sektion für Rechts- und Staatswissenschaft fand am 22. und 23. September 2023 statt. In insgesamt drei themenbezogenen Panels hielten international angesehene Expertinnen und Experten Vorträge rund um Fragen der Zuwanderung, Staatsangehörigkeit und Unionsbürgerschaft. Im rechtsvergleichenden Panel wurden das türkische und das österreichische Staatsangehörigkeitsrecht näher beleuchtet.
Rechtsanwalt Mag. Balazs Esztegar LL.M. wurde von der Görres-Gesellschaft eingeladen, im Rahmen dieses rechtsvergleichenden Panels das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht vorzustellen. In seinem etwa 30-minütigen Impulsvortrag in der Neuen Aula der Universität Tübingen beleuchtete er vornehmlich die Mechanismen, die das österreichische zur Durchsetzung der Einzelstaatlichkeit enthält. Neben dem Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit als allgemeine Verleihungsvoraussetzung ging er auch auf das Zusicherungsverfahren näher ein und beleuchtete, sowohl vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen als auch der nationalen Rechtsprechung, die Probleme, die mit diesem Verfahren in der Praxis verbunden sind.
Ebenso wurden die rechtlichen und faktischen Schwierigkeiten, die aus dem ex lege Verlust der Staatsbürgerschaft resultieren, kritisch erörtert. In seinem Vortrag ging der Staatsbürgerschaftsrechts-Experte auch auf den Mangel an klaren Kriterien für die Bewilligung der Beibehaltung ein und zeigte anhand eines aus dem Leben gegriffenen Beispiels die Widersprüchlichkeiten des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts auf.
Sämtliche Vorträge der Tagung werden demnächst in einem Tagungsband veröffentlicht werden.