Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt Wien


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Unerwartet Doppelstaatsbürger?

Ein über 40-Jähriger Österreicher erhält ein Schreiben eines türkischen Konsulats und wird aufgefordert, sich vom Wehrdienst freizukaufen. Der Mann ist seit über 30 Jahren österreichischer Staatsbürger, hat keinen persönlichen Bezug zur Türkei und spricht kein Wort Türkisch. Verständlich, dass das Schreiben sein Leben durcheinander gebracht hat. Im Interview mit dem "Kurier" erzählt er von seinen Ängsten, die die Situation für ihn auslöst hat.

 

Rechtsanwalt Mag. Balazs Esztegar LL.M. hat im Gespräch die Rechtslage zum Staatsbürgerschaftsrecht erläutert.

Im letzten Jahr wurde in den Medien viel über "illegale Doppelstaatsbürgerschaften" berichtet. Die Berichterstattung hat sicherlich bei vielen in der Bevölkerung für Verunsicherung gesorgt. Besonders im Brennpunkt standen und stehen diese Fälle im Zusammenhang mit der Türkei. Die aktuelle Problematik trifft jedoch nicht selten Personen, die gar nichts dafür können. So auch im vorliegenden Fall, über den der "Kurier" am 30.04.2018 berichtet hat: 

Roman H. lebt seit über 30 als Österreicher. Er hat eine österreichische Mutter und einen türkischen Vater. Die Staatsbürgerschaft wurde ihm (gemeinsam mit dem Vater) in den 1980-er Jahren verliehen. Roman H. besuchte die Schule in Österreich, absolvierte ein Studium und arbeitet und engagiert sich im Sozialbereich. Er spricht kein Wort Türkisch. Er hat seit 30 Jahren keinen Bezug zur Türkei - bis er eines Tages ein Schreiben des türkischen Konsulats erhält und ihm - in türkischer Sprache - mitgeteilt wird, er möge EUR 1.000,00 zahlen, um sich vom türkischen Wehrdienst freizukaufen. 

Verständlicherweise ist die Welt von Roman H. seither etwas ins Wanken geraten: er muss sich mit Mitte 40 die Frage stellen, ob er vielleicht (auch?) türkischer Staatsbürger ist. Sollte das der Fall sein, könnte sich daran eine weitere schwerwiegende Konsequenz knüpfen, nämlich der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft

§ 27 Abs 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 lautet: 

§ 27. (1) Die Staatsbürgerschaft verliert, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist. 

Hat also der Vater von Roman H. (zu einem Zeitpunkt, wo dieser noch minderjährig war) allenfalls die türkische Staatsangehörigkeit wiedererlangt, hat er (der Vater) damit möglicherweise die österreichische verloren. Gemäß § 29 StbG erstreckt sich dieser Verlust auf seine ehelichen Kinder, sofern sie minderjährig und ledig sind und ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, wenn sie diese nicht bereits besäßen. 

Allerdings tritt die Verlusterstreckung nicht ein, wenn der andere Elternteil weiterhin Staatsbürger bleibt. Bei Roman H. war das der Fall. 

Mag. Balazs Esztegar LL.M. ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Staatsbürgerschaftsrecht und hat im Kurier-Interview den Fall aus der rechtlichen Perspektive erläutert.  

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