Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt Wien


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Schadenersatz für Hassposting

Eine Beleidigung im Internet kann Schadenersatzforderung des Beleidigten nach sich ziehen. Aufgrund der aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) könnten auch Betreiber zur Haftung herangezogen werden. Vor allem Nachrichtenportale sind in der Pflicht, beleidigende Postings von Usern auf ihrer Website zu unterbinden.

Beleidigende Postings auf einer Internetseite können bereits nach österreichischem Recht unzulässig sein. Die beleidigte oder an ihrer Ehre verletzte Person kann Anspruch auf Schadenersatz nach § 1330 ABGB gegenüber dem Schädiger erheben und die Löschung derartiger Postings verlangen. Neben der Schadenersatzpflicht kann der Täter unter Umständen auch strafrechtlich belangt werden, etwa wegen Beleidigung (§ 115 StGB) oder übler Nachrede (§ 111 StGB), wobei die Tat - in der Regel - nur auf Verlangen des in seiner Ehre Verletzten zu verfolgen ist. 

In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof bereits letztes Jahr klargestellt, dass eine Person, die durch ein Posting auf einer Website angeblich in ihrer Ehre verletzt oder in ihrem Kredit geschädigt wurde, vom Betreiber der Plattform die Bekanntgabe von Namen, Adresse und E-Mail Adresse des Users begehen könne. Wenn das Posting in keinerlei Zusammenhang mit einer journalistischen Tätigkeit stehe, könne sich nach Ansicht des OGH der Betreiber der Plattform nicht auf das Redaktionsgeheimnis berufen.

In der Entscheidung des EGMR in der Rechtssache Delfi AS gegen Estland (64569/09) vom 16.06.2015 hat das Höchstgericht jedoch eine Mitverantwortlichkeit beim Betreiber der Website gesehen:

Im Winter 2006 musste eine estnische Fährgesellschaft wetterbedingt ihre Routen ändern, wodurch einige Eisflächen zerstört wurden, die bislang für den Autoverkehr am Land genutzt wurden. Dieser Umstand rief heftige Proteste in der betroffenen Bevölkerung hervor, die sich unter anderem auf dem Nachrichtenportal Delfi.ee niederschlugen, indem User die Fährgesellschaft als "Abschaum", "Bastard" oder "Schweine" beschimpften und auch zu gewalttätigen Handlungen gegen des Fährunternehmen aufriefen. Delfi.ee entfernte zwar diese Einträge nach Aufforderung, allerdings fühlte sich der ebenfalls namentlich verunglimpfte Eigentümer der Fährgesellschaft beleidigt und klagte auf Entschädigung.

Der Streit landete letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, der feststellte, die aggressiven Postings seien nicht schnell genug von der Website gelöscht worden. Bei Delfi.ee handle es sich um eine kommerzielle Nachrichtenseite, die nicht mit klassischen Internetforen oder Social Networks gleichzuhalten sei.

Nach Ansicht des EGMR sei es einer Redaktion, die Kommentare ermöglicht, zumutbar, eine Moderation der Kommentare sogleich im Zuge des Erscheinens einzurichten, damit Hasspostings von Vorn herein unterbunden werden können. Diese Verantwortlichkeit des Betreibers sei proportional zum Interesse von Personen, vor Hasstiraden wie Shitstorms geschützt zu werden. Da der direkte Rechtschutz gegen den unmittelbaren Poster oftmals nicht (jedenfalls nicht schnell genug) bewirkt werden kann, verstoßen Haftungsansprüche gegen den Betreiber der Website nicht gegen Art 10 EMRK (Meinungsfreiheit).

Damit schafft der EGMR ein Unterscheidungskriterium zwischen Websites, die redaktionell beschaffen sind einerseits, und typischen Social Media Anwendungen andererseits. Während für letzte es ein geradezu charakteristisches Merkmal darstellt, dass der wesentliche Inhalt userseitig beigesteuert wird, sind redaktionelle Nachrichtenseiten anders geprägt: hier ist die Kommentarfunktion lediglich ein Feature, für dessen Inhalt die Redaktion letztlich eine gewisse Verantwortlichkeit hat.