Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt Wien


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Coronavirus: Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz

Das Epidemiegesetz 1950 regelt nicht nur die Befugnisse der Behörden im Zusammenhang mit der Eindämmung von meldepflichtigen Krankheiten, sondern enthält im III. Hauptstück auch explizite Regelungen zu Entschädigungszahlungen an Personen und Unternehmen, die von derartigen Maßnahmen betroffen sind. Aufgrund der von der Bundesregierung verordneten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus (SARS-CoV-2 bzw. Covid-19) gewinnt dieses sonst eher wenig beachtete Gesetz schlagartig an Bedeutung.

Das Epidemiegesetz 1950 ermöglicht den staatlichen Behörden weitreichende Eingriffe in die persönliche Freiheit der Bürger, um geeignete Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten zu treffen bzw. deren Verbreitung einzudämmen. Dazu gehören - mit unterschiedlichen Voraussetzungen - unter anderem: 

  • Absonderung kranker oder krankheitsverdächtiger Menschen ("Quarantäne") 
  • Desinfektion von Räumen und Gegenständen 
  • Ausschließung einzelner Personen von Lehranstalten sowie die Schließung von Lehranstalten 
  • Beschränkungen des Lebensmittelverkehrs und der Wasserbenützung
  • Untersagung von Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen 
  • Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen oder 
  • Verkehrsbeschränkungen für bestimmte Regionen oder Ortschaften sowie mit dem Ausland.

Zuständig für die Verhängung dieser Maßnahmen ist in der Regel die Bezirksverwaltungsbehörde (Magistrat oder Bezirkshauptmannschaft) als Gesundheitsbehörde. Manche dieser Maßnahmen, wie etwa die Quarantäne, unterliegen jedoch der Überwachung durch das Bezirksgericht, das von jeder derartigen Maßnahme zu verständigen ist. 

Diese weitreichenden Maßnahmen sind einerseits geeignet, die Bürgerinnen und Bürger ganz massiv in ihrer persönlichen Freiheit (nämlich auch räumlichen Bewegungsmöglichkeit) einzuschränken und können andererseits erhebliche Auswirkungen auf wirtschaftliche Tätigkeiten haben. Insbesondere kann eine Quarantäne oder eine Betriebsbeschränkung oder gar Unternehmensschließung zum einem signifikanten Verdienstentgang führen. Zurecht stellt sich daher die Frage, wer diesen Schaden zu tragen hat. 

Entschädigungsleistung

Das Epidemiegesetz enthält unterschiedliche Entschädigungsleistungen.

So wird für Gegenstände, die der behördlichen Desinfektion unterzogen und hiebei derart beschädigt worden sind, dass sie zum bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht mehr verwendet werden können, sowie für vernichtete Gegenstände eine angemessene Vergütung gewährt. Anspruch auf diese Entschädigung hat derjenige, in dessen Besitz sich der Gegenstand befunden hat. Der Entschädigungsanspruch geht verloren, wenn sich der Eigentümer oder Besitzer des Gegenstandes in Bezug auf die Krankheit, zu deren Verhütung oder Bekämpfung die Desinfektion oder Vernichtung verfügt wurde, einer Handlung oder Unterlassung schuldig gemacht hat, die den Bestimmungen des Epidemiegesetzes oder der auf seiner Grundlage erlassenen Anordnungen widerstreitet.

Die Höhe des Schadens ist zu belegen, wenn dies nicht möglich ist, von einem Sachverständigen zu ermitteln. 

Entschädigung für Verdienstentgang 

Natürliche und juristische Personen (Gesellschaften, Vereine etc) sowie Personengesellschaften, haben unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf eine Vergütung des Vermögensnachteiles, der ihnen durch die Behinderung ihres Erwerbes aufgrund von Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz entsteht, wenn sie 

  • unter Quarantäne gestellt wurden, 
  • ihnen die Abgabe von Lebensmitteln untersagt worden ist, 
  • ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit untersagt worden ist,
  • sie in einem in seinem Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, 
  • sie ein Unternehmen betreiben, das in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, 
  • sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung angeordnet worden ist oder 
  • sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen verhängt worden sind

und sie hierdurch einen Verdienstentgang erleiden. Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der behördlichen Verfügung umfasst ist. 

Höhe der Vergütung

Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen (Arbeitnehmer), ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu bemessen. Arbeitnehmer erhalten daher jenes Gehalt fortgezahlt, das sie auch im Krankheitsfall erhalten würden. Ihre Arbeitgeber haben ihnen Vergütungsbetrag zu den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen, also so, wie wenn sie ihnen ihr Gehalt auszahlen.

Der Anspruch auf Vergütung gegenüber der Republik Österreich geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über und dieser kann die dem Arbeitnehmer bezahlte Vergütung als Entschädigung vom Bund fordern. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 BUAG ist vom Bund zu ersetzen.

Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen. 

Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind in jedem Fall Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.

Frist für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs 

Der Anspruch auf Entschädigung für beschädigte oder zerstörte Gegenstände ist binnen sechs Wochen nach erfolgter Desinfektion oder Rückstellung des Gegenstandes oder nach Verständigung von der erfolgten Vernichtung geltend zu machen. Der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges muss ebenfalls binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen geltend macht werden. Wird der Anspruch nicht fristgerecht geltend gemacht, erlischt er. 

Zuständig für Entschädigungsansprüche nach dem Epidemiegesetz ist die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden.